Mit 52 frage ich mich: „war`s das jetzt?“

Wie will ich künftig arbeiten – und leben? Es braucht eine Entscheidung.
Nach mehr als zehn Jahren im selben Job merkt eine Marketingchefin, dass sie die Freude verloren hat. Aber wann ist der Moment für Veränderung? SPIEGEL.DE KARRIERE, Beitrag von Matthias Martens am 8.9.2025
Standortbestimmung mit 50+
Christine (52) ist Bereichsleiterin im Marketing eines Konzerns und fragt sich: War’s das jetzt? Wie finde ich heraus, was ich wirklich noch will?“ Eine Standortbestimmung ist fällig. Warum sie jetzt aus dem Autopilot-Modus aussteigen muss, wenn sie ihre zweite Berufshälfte nicht einfach verschenken will. Lesen Sie hier die Zusammenfassung aus dem Artikel bei SPIEGEL.DE wenn Sie dort kein Abo besitzen.
Zwischenbilanz, Zukunftsbild und Übergangsphase
Sie sind 52, haben Karriere gemacht, Teams geführt, Budgets und spannende Projekte verantwortet, vielleicht ist auch Ihre Familie gut auf den Weg gebracht. Und jetzt? Alles läuft weiter – irgendwie. Aber in Ihnen stellt sich die Frage: „War’s das jetzt?“
Das ist unbequem, aber wenn Sie dieser Frage jetzt ausweichen, wird sie sich Ihnen irgendwann in den Weg stellen – von Ihrer Gesundheit, Ihrem Unternehmen oder Ihrer Familie. Dann werden Sie kaum mehr viel Gestaltungsspielraum besitzen. Es bleibt nur noch Reaktion.
Bilanz ziehen – was war – und was zählt noch?
Spätestens mit 50 ist der richtige Moment, um innezuhalten. Nicht, um aufzuhören – sondern um sich neu auszurichten. Jetzt geht es darum, Bilanz zu ziehen, sich selbst ehrlich zu begegnen – und eine berufliche Zukunft zu entwerfen, die zu Ihnen passt. Nicht nur zu Ihrem Lebenslauf. Sondern zu Ihrem Leben.
Nach 25 oder 30 Jahren im Beruf hat sich vieles angesammelt: Erfolge, Rückschläge, Positionen, vielleicht auch Blessuren. Aber was davon trägt Sie weiter?
- Welche Erfahrungen waren prägend – und warum?
- Was erfüllt Sie heute noch, was ist bloße Routine?
- Wo waren Sie wirklich Sie selbst – und wo nur Funktionsträgerin?
Solche Fragen sind unbequem, aber notwendig. Die Wahrheit ist: Nicht alles, was Sie gut können, wollen Sie auch in Zukunft weiterhin tun. Was von dem, was Sie tun, hat noch Bedeutung für Sie? Und was ist bloß Gewohnheit, Statussicherung oder Fremdbestimmung? Viele Menschen kennen sich in ihren Themen sehr gut aus – aber sie wollen es nicht mehr. Denn nicht alles, was ihnen Anerkennung brachte, hat ihnen persönlich gutgetan. Trifft dies auch auf Sie zu? Dies anzuerkennen ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Reife.
Wer wollen Sie wirklich sein?
Sie haben eine Rolle – klar. Aber passt sie noch zu Ihnen? Oder spielen Sie diese Rolle nur noch, weil andere dies von Ihnen erwarten? Viele erfahrene Fach- und Führungskräfte sind tief verankert in einer Funktion, die sie einst unbedingt wollten – und heute nur noch verwalten. Vielleicht tragen Sie längst innerlich das Potenzial für eine neue Rolle in sich: Mentor, Möglichmacherin, Impulsgeberin.
Holen Sie sich Feedback aus dem beruflichen Umfeld. Das kann Ihnen helfen, blinde Flecken zu erkennen – oder verborgene Potenziale wieder freizulegen. Doch Vorsicht, sprechen Sie mit unabhängigen Menschen. Denn Ihr Umfeld sieht vielleicht noch den Zahlenmenschen, den Durchzieher, die Strategin in Ihnen. Das größte Hindernis für Veränderung ist oft das Bild, das andere von uns haben oder wie andere uns gern hätten. Fatalerweise bedienen wir dieses Bild auch selbst, weil wir gern die an uns geknüpften Erwartung erfüllen wollen, um Anerkennung dafür zu erhalten.
Körper, Geist, Energie: Sind Sie in einer gesunden Balance?
Der Körper wird mit 50 ehrlicher – und der Geist kritischer. Was früher „normaler Stress“ war, fühlt sich heute wie ein Burnout-Vorhof an. Was früher als Ehrgeiz galt, zeigt sich nun als innere Leere. Zeit, genau hinzuhören. Wenn Sie ehrlich mit sich sind, wissen Sie längst, was Sie brauchen: Ruhe. Sinn. Raum. Und einen Plan.
Fragen Sie sich deshalb:
- Habe ich noch genug Energie für weitere 10 oder 15 Jahre Karriere?
- Gibt es Warnsignale, die ich zu lange ignoriert habe?
- Was gibt mir Kraft – körperlich, seelisch, sozial?
Eine ehrliche gesundheitliche und mentale Standortanalyse ist kein Zeichen von Schwäche – sondern von starkem Selbstmanagement. Ich bin sicher kein Work-Life-Balance Missionar und wäre auch kein gutes Vorbild – das gebe ich ehrlich zu. Aber eines weiß ich genau: Wer mit 50 nicht in sich hineinhorcht und Warnsignale ignoriert, bezahlt irgendwann einen hohen Preis.
Zukunft denken – bevor jemand anders das für Sie tut
Die meisten Menschen planen ihren Urlaub besser als ihre zweite Berufshälfte. Und wundern sich dann, wenn der Übergang in den Ruhestand holprig, leer oder von außen erzwungen wird.
Mit 50 beginnt noch kein Abschied vom Berufsleben – sondern dessen Re-Definition. Wer jetzt innehält und reflektiert, kann gezielt gestalten, statt später zu reagieren. Denn die entscheidenden Fragen stellen sich nicht mit 58 – sondern spätestens mit 50.
Fragen Sie sich jetzt:
- Wie lange möchte ich noch arbeiten – realistisch und freiwillig?
- Wie möchte ich künftig arbeiten – und leben?
- Wie will ich leben – nach der Karriere, aber auch auf dem Weg dorthin?
- Und wie sieht für mich ein gelungener Übergang aus – statt eines plötzlichen Bruchs mit 67?
Modelle gibt es viele: reduzierte Stundenzahl, veränderte Rolle im Unternehmen, ein Schritt zurück in der Hierarchie, Sabbatical. Oder vielleicht sind Sie auch innerlich bereit für eine Selbstständigkeit – Zeit, die Früchte daraus zu ernten wäre noch vorhanden.
Oder vielleicht finden Sie Ihren Sinn in einem Ehrenamt. Wichtig ist: Es braucht einen Entschluss. Ihren.
Finanzen, Freiheit, Fokus: Was brauchen Sie wirklich?
Sicherheit ist gut. Aber Sicherheitsdenken ohne Richtung führt zu Stillstand. Wenn Sie einfach nur so wie bisher weiterarbeiten, weil Sie glauben, Ihr Leben nicht anders finanzieren zu können – fragen Sie sich: Was ist wirklich notwendig? Und was ist nur Statuspflege? In der Karriereberatung stelle ich immer wieder fest: Die wenigsten Menschen scheitern an der Realität – sie scheitern an ihrer alten Definition von Erfolg.
Wer die zweite Karrierehälfte nicht verschenken will, braucht Klarheit
Wenn Sie heute 50 sind, haben Sie noch 10, 15, vielleicht 20 aktive Berufsjahre vor sich. Die entscheidende Frage lautet: Wem wollen Sie diese Zeit schenken? Dem Unternehmen? Den Kollegen? Oder sich selbst?
So eine Standortbestimmung mit 50+ ist kein Wellness-Programm. Sie ist ein Weckruf. Je früher Sie ihn hören, desto besser. Wer diesen schwierigen Prozess aus Bequemlichkeit oder Angst vor unangenehmen Erkenntnissen vermeidet, wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit irgendwann in einer Sackgasse wiederfinden.
Mit 50 geht es nicht darum, aufzuhören. Sondern ehrlich zu sich selbst zu sein. Es mag auf den ersten Blick mühsam wirken, sich diesen unbequemen Fragen zu stellen – aber es lohnt sich. Als Coach und Sparringspartner unterstützen wir Sie gern auf diesem Weg.
Autor: Matthias Martens
Veröffentlichung September 2025
Foto: Adobe Stock
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