Trennung mit Würde – Unternehmenskultur zeigt sich, wenn es ernst wird

Trennung mit Würde – ein hoher Anspruch. Ich erlebe Woche für Woche, wie Trennungsgespräche eskalieren – obwohl alle Beteiligten eigentlich „fair“ handeln wollten. Was fehlt, ist ein Rahmen, der trägt, wenn es ernst wird, weil das WIE über das WAS entscheidet. Für alle, die HR nicht als Verwaltungsinstanz, sondern als Kulturträger mit Verantwortung für das Unternehmen verstehen

Trennung mit Würde

Wie Unternehmen scheitern, wenn es ernst wird

Ein Montagmorgen, irgendwo in Deutschland:

Ein Bereichsleiter mit 22 Jahren Betriebszugehörigkeit wird zum Gespräch gebeten. Gegenüber sitzen der Geschäftsführer und der Justiziar. Kein Blickkontakt, kein Kontext – nur eine vorbereitete Mappe mit dem Vorschlag zur einvernehmlichen Trennung.
Das Gespräch dauert elf Minuten. Danach ist nichts mehr, wie es war – nicht für den Mitarbeiter, nicht für das Team, nicht für das Unternehmen. Was bleibt, ist Scham, Verletzung und Hilflosigkeit.

Einige Wochen später kommt der Betroffene zu mir in die Beratung – auf Empfehlung eines Ex-Kollegen, den es ein Jahr vorher traf. Wir machen uns an die seelischen Aufräumarbeiten. Doch das Gift der Kränkung sitzt tief.

Trennungsgespräche sind die Königsdisziplin der Führung.

Und doch erleben wir tagtäglich, wie selbst gestandene Führungskräfte daran scheitern – nicht aus Böswilligkeit, sondern aus Überforderung. Die Lage ist verunsichernd, die Worte fehlen, die Haltung ist unklar. In Gesprächen mit Personalverantwortlichen höre ich oft: „Wir wollten das eigentlich ganz fair machen – aber dann hat es doch irgendwie gehakt.“ Woran liegt das? Nicht am fehlenden Willen. Sondern an Strukturen, die nicht tragen, wenn es ernst wird.

Viele Trennungsgespräche scheitern nicht an den Menschen, sondern am Umfeld, in dem sie geführt werden:

  • Die Rollen sind unklar: Wer führt? Wer moderiert? Wer zeigt Haltung?
  • Das Timing ist taktisch, nicht empathisch: Erst wird lange gezögert – dann straff durchgezogen.
  • Die emotionale Lage der verantwortlichen Führungskraft wird unterschätzt: Wer trennt, steht oft selbst unter Druck – zwischen Loyalität, Zielvorgaben und Konfliktangst.

Das Ergebnis: Gesprächssituationen, in denen Unsicherheit dominiert – und beidseitige Kränkungen programmiert sind.

Trennungen sind Kulturarbeit

Ein gutes Trennungsgespräch entsteht nicht durch einen „Workflow“, sondern durch individuelle Vorbereitung, Empathie und Klarheit. In Broschüren loben sich Unternehmen gern für ihre Werte. Doch wenn es zur Trennung kommt, zählt nicht das Leitbild – sondern das Verhalten. Wird Verantwortung übernommen? Wird Klartext gesprochen? Oder verschanzt man sich hinter juristischen Floskeln?

Die Trennung ist kein technischer Vorgang, sondern ein sozialer. Und sie ist nicht nur ein Moment zwischen zwei Personen – sie wird beobachtet. Vom ganzen Umfeld. Trennungen sind ein Lackmustest für die Unternehmenskultur.

Was es besser macht – eine Chance für HR

Trennungen vorbereiten – nicht verwalten.

In vielen Organisationen werden Einzeltrennungen unter Zeitdruck „abgewickelt“, obwohl die Konflikte oft monatelang schwelten. Ein professioneller Trennungsprozess braucht mehr als arbeitsrechtliche Klarheit – er braucht Haltung, Vorbereitung und Rollenbewusstsein. Jedes Gespräch ist anders – die Gründe für die Trennung, die Persönlichkeiten, die Beziehungsgeschichte, das Team, die soziale Situation des Betroffenen. Ein kurzes Pre-Briefing mit der Führungskraft, die das Gespräch führen soll, kann den Ton völlig verändern.

Perspektiven bieten statt Eskalation

Viele Betroffene verharren anfangs im Schock. Die frühzeitige Einbindung eines Outplacement Beraters als neutralen Sparringspartner kann helfen, einen Perspektivwechsel einzuleiten – bevor sich Verhandlungen unnötig verhärten.

Emotionen zulassen – ohne die Kontrolle zu verlieren

HR-Profis können de-eskalieren und klug moderieren zwischen Budgetlogik und Kränkung, zwischen Empathie und Verbindlichkeit. Die gute Nachricht: Das lässt sich trainieren.

Würde ist kein Luxus – sondern ein Kulturbeweis

Trennung mit Würde ist keine Frage des Budgets. Sondern des Wollens. Ich habe erlebt, wie Führungskräfte nach einem respektvollen Trennungsgespräch mit erhobenem Kopf gegangen sind. Und ich habe erlebt, wie HR-Teams es geschafft haben, auch schwierige Abschiede menschlich zu gestalten. Wer sich fair trennt, stärkt die Bindung der Bleibenden. Und schützt die Arbeitgebermarke – nicht mit einem  Imagefilm, sondern im Alltag.

Autor: Matthias Martens

Veröffentlichung Mai 2025, LinkedIn
Foto: Adobe Stock

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