Neuer Chef – häufigster Kündigungsgrund bei Managern

“Alarm, der neue Chef kommt” betitelte der SPIEGEL die Kolumne von Matthias Martens im Februar 2022. Doch in dem reißerischen  Titel steckt sehr viel Wahrheit. Einer der häufigsten Kündigungsgründe bei Führungskräften ist der Wechsel des Chefs. Dieser Beitrag fasst die wichtigsten Aussagen des SPIEGEL Artikels zusammen – und ergänzt einige weiterführende Empfehlungen zum Umgang mit dem neuen Chef.

Chefwechsel – der häufigste Kündigungsgrund bei Managern

Mehr als die Hälfte aller Führungskräfte, die zu uns in die Outplacement Beratung kommen, identifizieren im Rahmen der Aufarbeitung ihrer Trennung einen Chefwechsel innerhalb der letzten 2 Jahre als den entscheidenden Faktor für den Verlust der eigenen Führungsposition.

Selbstverständlich kann die Neubesetzung einer Position im Top-Management positive Auswirkungen haben und Ihnen neue Chancen für die persönliche Weiterentwicklung bieten – etwa, wenn Sie vorher ein Schattendasein im Unternehmen geführt haben. Doch für die meisten Führungskräfte ist ein Wechsel an der Spitze vor allem eins: Gefährlich für die eigene Karriere.

Zu Beginn der Outplacement Beratung nimmt das Verarbeiten der Kündigung und ihrer Begleitumstände sehr viel Raum ein, weil dies wichtige Erkenntnisse liefert und auch den eigenen Anteil an der Trennung erkennbar macht. Lassen Sie es gar nicht erst dazu kommen. Reflektieren Sie die folgenden 12 Risikofaktoren ehrlich und selbstkritisch. Damit schützen Sie sich vor den typischen Kardinalfehlern.

Veränderungsdruck wird unterschätzt

Der Austausch von Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern erfolgt in immer kürzeren Zyklen. Gesellschafter und Aufsichtsräte verknüpfen die Neubesetzung im Top-Management mit hohen Erwartungen im Hinblick auf Wachstum und Profit. Sie erwarten von neuen Managern innovative Ideen, strukturelle Veränderungen und eine Überprüfung der wichtigsten Positionen. Die neuen Manager müssen liefern – und zwar schnell. Es ist geradezu ein Gebot, einen Wechsel im oberen Management dafür zu nutzen, Bestehendes in Frage zu stellen.

Als langjährige Führungskraft im mittleren Management laufen Sie Gefahr, eher als Teil des Problems und nicht als Teil der Lösung angesehen zu werden. Viele altgediente Führungskräfte unterschätzen diesen Veränderungsdruck und meinen, der Neue Chef solle sich gefälligst an die bestehenden Gewohnheiten anpassen. Mit dieser Haltung haben schon viele die eigene berufliche Katastrophe selbst herbei geführt.

Der neue Vorstand bringt seine Vertrauten mit

Manchmal können Sie selbst keinerlei Einfluss auf die Entwicklung nehmen. Denn neue Manager bringen oft eigene Vertraute aus anderen Unternehmen mit und tauschen die Stelleninhaber der wichtigsten Schlüsselpositionen in ihrem unmittelbaren Umfeld nach und nach aus. Sie sichern sich selbst damit ab hoffen damit ein leichteres Spiel bei der Durchsetzung der eigenen Agenda.

Besonders heikel wird es für Sie, wenn der Wechsel in der obersten Führungsetage zu Positionsgerangel in den unterstellten Ebenen führt. Vermeiden Sie unbedingt, sich auf eine Seite zu schlagen und schon gar nicht Koalitionen gegen den neuen Chef zu bilden.

Machtkämpfe – wenn der Kollege zum Chef wird

Niemals zu unterschätzen ist das Gefahrenpotenzial bei einem Aufstieg bisheriger Kolleg/Innen in die Top-Position. Frühere Rivalitäten und systembedingte Rollenkonflikte, wie sie beispielsweise zwischen Vertrieb und Marketing an der Tagesordnung liegen, können ebenfalls Ihr baldiges Aus bedeuten. Dies ist jedoch sehr individuell vom Grad der Rachsucht dieser Manager/In und dem Verlangen nach Wiedergutmachung abhängig.

Skeptiker und Bremser

Sie können mit einer hohen Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass der Aufsichtsrat oder der Vorstand Ihrem Chef einen Veränderungsauftrag mit auf den Weg gegeben haben. Von dort wurden Wünsche für neue Initiativen und Strategien an ihn heran getragen, die der Vorgänger nicht mehr umsetzen konnte oder wollte.
Hören Sie Ihrem neuen Chef genau zu, wenn er über die Zukunft spricht und nehmen Sie die Gedanken auf. Wer will schon von Skeptikern und Nörglern umgeben sein? Fragen Sie gezielt nach seinen Zielen und seinen Ideen und überlegen Sie, welchen Beitrag Sie zur Realisierung seiner Ziele leisten können. Die Ziele Ihres Chefs geben den Rahmen für Ihre Aktivitäten vor.

„Das machen wir schon immer so“ ist wirklich keine überzeugende Begründung für die Beibehaltung ineffizienter Prozesse. Nutzen Sie die Gunst der Stunde. Überprüfen Sie Strukturen und Abläufe in Ihrem Verantwortungsbereich und zwischen den Abteilungen. Stellen Sie den Status quo in Frage. Es gibt nicht die optimale Struktur. Vielmehr hat jede Organisationsform ihre Vor- und Nachteile. So kann allein die Änderung der Strukturen positive Effekte hervorbringen, weil die Nachteile der alten Struktur abgestellt werden.

Kündigungsgrund – fehlendes Vertrauen

Fühlen Sie sich niemals zu sicher – auch nicht, wenn Sie seit 20 Jahren im Unternehmen sind. Sie laufen sonst Gefahr, unangemessen desinteressiert oder gar überheblich auf Ihre neue Führungskraft zu wirken. Das weckt keine Sympathien.
Machen Sie sich bitte klar, dass Ihr neuer Chef Ihre Beurteilung erstellt und nicht umgekehrt. Ihr Chef geht bei seiner Beurteilung Ihrer Leistung von seiner Analyse der Situation aus. Sie bildet seinen inneren Maßstab. Daraus leitet er seine Erwartungen an die Zusammenarbeit ab. Es ist demnach nur klug, den neuen Chef zu fragen, worauf er Wert legt. Möchte er lieber täglich kurz und knapp über aktuelle Dinge informiert werden oder bevorzugt er ausführliche Besprechungen. Wünscht Ihr Chef detaillierte, schriftliche Vorlagen oder reicht ihm eine allgemeine mündliche Darstellung als Entscheidungsgrundlage. Auch wenn Sie die neuen Regeln nicht mögen, Sie sollten sich trotzdem daran halten. Nur so können Sie Ihre Ergebnisse und Anliegen optimal in das Bewusstsein Ihres neuen Chefs transportieren.
Nicht umsonst gehört der Chefwechsel zu den häufigsten Kündigungsgründen bei Managern. Denn nach einem Chefwechsel werden die Karten neu gemischt und Sie müssen sich neu bewähren und beweisen, dass Sie dem Unternehmen und Ihrer Führungskraft einen Mehrwert liefern. Suchen Sie den Dialog und bieten Ihre Hilfe an.

Unterschätzen Sie niemals Ihren Chef

Es gab bestimmt gute Gründe, Ihrem Chef die Leitung des Bereiches zu übertragen – auch wenn Sie diese auf den ersten Blick nicht erkennen können. Möglicherweise haben gerade solche Erfahrungen und Qualifikationen für die Personalentscheidung den Ausschlag gegeben, denen Sie nur eine untergeordnete Bedeutung zubilligen würden. Dies ist sogar sehr wahrscheinlich, wenn die oberste Führung einen Kurs- und Strategiewechsel beabsichtigt. Dann können ganz andere Qualitäten als bisher gefordert sein.
Beobachten Sie Ihren Chef und entdecken Sie seine Stärken. Es ist sinnlos, sich über seine Schwächen zu ärgern. Finden Sie sich damit ab. Suchen Sie stattdessen nach Möglichkeiten, seine Stärken für die gemeinsamen Ziele zu nutzen.

Kontaktverlust – häufiger Kündigungsgrund

Vielleicht möchten Sie sich am liebsten in Ihr sicheres Schneckenhaus verkriechen, wenn Ihr neuer Chef Ihnen auf die Pelle rückt. Versetzen Sie sich bitte in seine Situation. Was wird er tun? Im Idealfall stellt er Sie zur Rede. Sofern jedoch die Phantasie mit ihm durchgeht, könnte er vermuten, dass Sie etwas zu verbergen haben. Treten Sie Ihrem Chef offen gegenüber. Sprechen Sie über Ihre Empfindungen und Erwartungen hinsichtlich der Zusammenarbeit. Nur so können Sie Missverständnisse aufklären und die Arbeitsbeziehung verbessern.

Vermutlich wird Ihr neuer Chef andere Vorstellungen von guter Führung haben als sein Vorgänger. Doch auch hier gibt es selten den einzig wahren Führungsstil. Akzeptieren Sie Ihren Chef – Sie können ihn sowieso nicht ändern. Hinter dem Rücken zu lästern und zu jammern sind Indizien für die eigene Inkompetenz. Also suchen Sie einen Weg zu einer konstruktiven Zusammenarbeit.

Lassen Sie Ihren Chef niemals ins offene Messer laufen

Kein Chef liebt unangenehme Überraschungen. Gerade in einem politisierten Umfeld kann es für einen Neuen sehr unübersichtlich sein. Beziehungsgefüge und Interessenlagen sind noch weitgehend undurchsichtig für ihn. Wenn Sie Ihren Chef mit einem unvollständigen Briefing, das entscheidende kulturelle und machtpolitische Aspekte ausklammert, in ein wichtiges Meeting gehen lassen, wird er Ihnen das übel nehmen. Und es wirft auch ein schlechtes Licht auf Ihre Person. Führungskräfte erwarten Loyalität von Ihren Mitarbeitern. Illoyalität und fehlendes Vertrauen führen zum schnellen Bruch der Zusammenarbeit. Versetzen Sie sich in die Situation Ihres Chefs. Geben Sie ihm alle Informationen, die er braucht, um im Haifischbecken zu überleben. Er wird es Ihnen danken.

Verschwenden Sie nicht seine Zeit

Wenn Sie mit Ihrem alten Chef über einen langen Zeitraum eine sehr gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit hatten, haben Sie vermutlich viele Dinge mit wenigen Hinweisen abstimmen können. Beide hatten ein sicheres Gefühl für die Qualitäten des anderen. Doch jetzt müssen Sie sich diesen Vertrauensvorschuss neu erarbeiten. Ihr Chef wird sich ärgern, wenn er das Gefühl bekäme, Sie würden seine Zeit verschwenden. Darum sollten Sie in jeder Besprechung mit Ihrem Chef die wichtigsten Information zum Tagesgeschäft und zu aktuellen Projekten griffbereit haben. Überlegen Sie, welche Punkte Sie ansprechen müssen und bereiten Sie diese verständlich auf. Setzen Sie klare Prioritäten und zwar im Hinblick auf die Bedeutung für seinen Erfolg.

Liefern Sie Ergebnisse

Nicht jeder Chef liebt eine enge Kontrolle seiner Mitarbeiter. Chefs tun dies jedoch, wenn sie das Gefühl haben, ihre Mitarbeiter sind unselbständig. Dann sind sie gezwungen, durch regelmäßiges Nachfragen die termingerechte Bearbeitung sicherzustellen. Und das nervt beide Seiten. Arbeiten Sie grundsätzlich in geschlossenen Auftrag-Feedback-Kreisläufen. Liefern Sie Ergebnisse für vereinbarte Aufgaben, wenn der Termin ansteht und nicht erst, wenn Sie gefragt werden.

Vertrauen Sie nicht darauf, dass er Ihre Gedanken liest

Nicht alles, was für Sie wie selbstverständlich ist und gewissen ungeschriebenen Regeln folgt, ist auch für Ihren neuen Chef selbstverständlich. Machen Sie Implizites explizit. Sagen Sie ihm, was Sie tun und warum. Erklären Sie ihm die Zusammenhänge und Hintergründe, damit Ihr Vorgehen für ihn plausibel und transparent wird. Nur so kann er Vertrauen in Ihre Kompetenz fassen und Sie bereiten gemeinsam den Boden für eine konstruktive Zusammenarbeit.
Autor: Matthias Martens

Erstveröffentlichung Oktober 2015 / Neuauflage im Februar 2022
Foto: Fotolia

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